Gelika-Anjeschka

Kaum ist Gelika in ihrer Hütte, klingelt das Telefon. Irgend Jemand weiß, wann sie Feierabend hat. Es ist Hannes. Er möchte sich für den Dienst Gelikas herzlich bedanken. Er lädt sie zum Essen ein. Nicht in ein Restaurant. Das wäre zu umständlich jetzt in der Pandemie. Es gibt offene Restaurants. Aber Hannes befürchtet extreme Kontrollen und erniedrigende Prozeduren. Zu Hause bei Waltraut. Gelika soll mit Slavo anreisen. Vielleicht auf der Rückfahrt als Umweg. Gelika verspricht, das mit Slavo zu bereden. Hannes ist sehr dankbar. Er gibt Gelika ein akustisches Küsschen.

Gelika glaubt mittlerweile, sie hat sich hier eine Form des Respektes erarbeitet. So lange ist sie noch nicht hier. Trotzdem wächst der Grad an Zustimmung. Das hat sie Slavo in der vergangenen Nacht erzählt. Er freut sich ungemein darüber. Die Zuversicht der Beiden, wächst von Tag zu Tag.

Vor ihrer Abreise, möchte Gelika noch etwas Ordnung schaffen. Sie versteckt auch wichtige Dokumente. Sie denkt, Tom hat noch Schlüssel für die Hütte. Er könnte von einer Neugier befallen werden. Immerhin weiß er, Gelika ist für zwei Tage nicht da. Gelika entschließt sich, ein paar persönliche Dinge bei Maria zu hinterlegen. Damit will sie auch etwas Vertrauen aufbauen.

Am Morgen fährt sie mit dem Fahrrad zur Arbeit. Zu der Zeit, ist reger Lieferverkehr unterwegs. Auch reichlich Lastverkehr. Dabei dachte Gelika, während der Pandemie würde die Wirtschaft ruhen. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Von den Nachrichten aus China hat sie erfahren, dort ruht die gesamte Produktion. Im Pandemiegebiet. Die Chinesen haben fest gestellt, auf Arbeit stecken sich die Meisten an. Offensichtlich sind die Herrschaften in Europa klüger. Sie leugnen das. Im Gegenteil. Sie forcieren eine Art der Zwangsarbeit. Das hat sie während ihres Studiums gelernt. Der Vergleich mit dem Dritten Reich liegt nahe. Einsperren und nur zur Arbeit frei lassen. Wenn das deren Kultur wird, ist es eine überlieferte Kultur.

Am Hoteleingang bei Maria muss sie sich jetzt desinfizieren. Drinnen wartet Maria mit einem Test.

„Der wird täglich abgeholt.“

„Ja. Und wenn ich krank bin?“

„Dann werden wir Alle eingesperrt.“

In der Küche herrscht etwas Hektik. Die Kollegen packen schon teilweise das Essen ein. Gelika entdeckt neue Behälter. Thermobehälter.

„Die haben wir von unserer Hütte geholt. Die bleibt eh geschlossen“, sagt Andreas.

„Ich dachte, wir dürfen dort nicht hin.“

„Unsere Hütte dürfen wir schon besuchen. Der Sicherheit halber.“

Gelika rechnet mit dem Schlimmsten. Wenn die so eine Pandemie angehen, dauert die zwei Jahre. Pandemie für das Volk. Freie Fahrt für Reiche mit ihren Huren. Hoffentlich holt der liebe Gott das Gesindel, denkt sie sich. Wohl in der Kenntnis, wie in Europa die Pest angegangen wurde. Mit dem Kreuz und reichlich Segen. Aber ohne direkte Hilfe. Und das, in einer angeblich fortschrittlichen Gesellschaft.

„Hoffentlich kommt Slavo gut durch“, sagt sie zu Andreas.

„Keine Angst. Der muss nicht so leiden wie wir.“

„Leidest du?“

„Frag lieber nicht. Ein Tag Essen außer Haus und ich habe zehn Abstriche gemacht.“

„Ein Gentest ist nicht mehr notwendig.“

„Das ist vielleicht die beste Zeit, sich sterilisieren zu lassen.“ Andreas lacht dabei.

„Hast du so viele Vaterschaftsklagen am Hals?“

„Man weiß nie.“ Beide lachen.

Anjeschka fragt Gelika, ob sie in ihrer Hütte – Wache halten soll. Gelika wäre das schon Recht.

„Maria hat mir das zugetragen.“

„Dann mach das. Kommst du zum Feierabend mit?“

„Gerne. Ich kann dir auch beim Abspülen etwas helfen.“

Das Angebot lässt Gelika nicht verglühen.

„Danke. Fährst du mit raus?“

„Nein. Ich nehme mit Maria die Bestellungen an.“

„Sind es viele geworden?“

„Mich wundert das selbst. Wir sind nicht die Einzigen, die liefern.“

„Vielleicht werdet ihr mit Anderen verglichen?“

„Da bin ich mir sicher.“

„Wie viele Touren sind es jetzt?“

„Immer noch drei. Der Rückweg hat sich verlängert. Wir geben aus und verschwinden gleich wieder. Auf dem Rückweg nehmen wir unser Geschirr wieder mit. Die Kunden sind sehr hilfsbereit.“

„Komisch. In der Bevölkerung funktioniert das.“

Die Jungs brechen auf mit dem Essen. Maria ruft zur Mittagspause. Die drei Frauen sitzen allein am Tisch. Die Köche waren heute etwas spät dran. Sie haben erst nach der Rückkehr ihre Pause. Keiner murrt. Alle sind noch eifrig.

Der Sanitäter kommt und holt die Proben ab.

„Sind die frisch?“

„So frisch wie du“, antwortet Maria und lacht. Der junge Mann tut das ehrenamtlich.

„So komme ich wenigstens vor die Tür“, sagt er.

„So schnell freut man sich auf das Minimum“, antwortet Gelika. „Eine gute Generalprobe.“

Der junge Mann nickt. Er wirkt etwas leichtgläubig. Fast naiv.

Nach der Pause, geht Gelika die Küche putzen. Anjeschka versucht zu helfen. Sie ist bei dieser Tätigkeit etwas ungeschickt.

„Mach einfach das, was du kannst“, sagt lachend Gelika.

„Da müsste ich ja nichts tun“, antwortet Anjeschka lachend.

„Wir tun das zusammen.“

Maria kommt helfen. Sie entlastet Gelika etwas. Sie zeigt Anjescha, wie die Küche geputzt wird.

Anjescha ist dankbar dafür. Die Bewegung tut ihr gut. „Eine gute Abwechslung“, sagt sie.

„Später kannst du das, was du hier lernst, sicher einmal gebrauchen“, sagt Maria mit erhobenem Finger.

Eigentlich war das nicht nötig. Anjeschkas Zimmer sieht aus wie eine Puppenstube. Das hat Michael erzählt.

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