Leseprobe Der Saisonkoch Wintersaison – Dritter Monat

Wenn ein Tag so schön beginnt wie dieser Dienstag, dann sollte wirklich jeder Tag, Dienstag sein. Ich darf mit meiner Joana zusammen aufstehen. Den Kaffee mache ich. Und was essen wir dazu? Den Rest des feinen Panettone. Nach dem Kurzfrühstück gehen wir zusammen zu Maria. Alle sind da. Und vor uns steht der Rest vom Panettone. Ich greife gleich noch mal zu. Alfred schwärmt von dem Kuchen.

„Wenn Marco kommt, iss er weg“, sagt Maria.

„Dann soll er einen Neuen machen“, antwortet Alfred.

Alle fragen mich wieder, wo ich den heute bin. Ich antworte ihnen. Maria und Alfred wirken das erste Mal etwas zuversichtlicher. Ich nehme ihnen gleich den Wind aus dem Segel.

„Dort ist Nichts geworden. Die wollen eine Zweisprachigkeit.“

„Und dann?“

„Einen Termin habe ich gerade rein bekommen. In Sulden. Das ist aber eine elendige Kurverei dort hinauf. Ich soll heute gleich zur Probearbeit kommen.“

„Dort haste einen langen Winter und einen kurzen Sommer zu arbeiten.“

„Im Grunde wäre mir das Recht. Ich könnte die italienischen Grand Prix Rennen besuchen und schöne Touren fahren.“

„Iss‘ es ein Hotel?“

„Ja. Mit Restaurant. Leider ist dort geteilter Dienst.“

„Chefkoch oder Zweiter?“

„Der Chefkoch will auf Sommersaison nach Dorf Tirol und braucht einen Vertreter. Die Zeit drückt eigentlich schon. Dorf Tirol fängt sehr zeitig an.“

„Das klingt gut. Viel Glück.“

Marlies und Dursun schließen sich gleich an bei dem Wunsch. Alfred klingt skeptisch:

„Das sind komische Leute dort. Vorsicht. Ich kenne viele polnische Köche, deren Frauen bei uns als Zimmermädchen dienen.“

Der fachmännische Rat ist mir schon wichtig. Ich will es trotzdem probieren und fahre los. Alle wünschen mir viel Glück und unfallfreie Fahrt.

Um diese Jahreszeit, ist das schwer dort im Gletschergebiet zu fahren. Ohne Ketten, sehr schwer. Ich ziehe mir gleich die Kochklamotten an, weil ich vermute, bei dem kurzfristigen Anruf könnte ein Notfall anliegen. Zumal kein Vorstellungstermin abgesprochen war, sondern gleich eine Probearbeit. Ich nehme mir auch gleich zwei Messer mit. Man weiß nie, wo die Säge klemmt.

Die Fahrt bis Prad ist schnell vorüber. Ich will schnell noch bei Luise vorbeischauen und fragen, ob sie das Hotel oder den Wirt kennt. Luise ist meine Ratgeberin in dem Gebiet. Es sind sehr liebe Hoteliers, denen ich sehr oft helfe in ihrer zu kurzen Sommersaison. Luise ist eine gute Köchin und eine wirklich liebenswerte Gastgeberin. Die italienischen Touristen lieben Luise. Es sind viele Stammgäste dabei. Man kennt sich bereits Jahrzehnte. Ich liebe urtypische Hotels und bewundere Wirtsleute, die mit ihrem Fleiß und der Sauberkeit, den Urzustand erhalten haben. Allgemein wird in unserem Gewerbe, ein Kredit mit dem nächsten gejagt. Wohl in der Hoffnung, neue zahlungskräftige Kunden, aber keine Gäste zu gewinnen. Bei diesem Ansinnen werden die Stammgäste der ersten Stunde, natürlich vor den Kopf gestoßen. Deren Familien kommen dann natürlich auch nicht mehr. Die neuen Gäste verderben aber die Tradition und vor allem, die Qualität der Gastgeberschaft. Das Ganze wird unpersönlich und zum Massentourismus. Dadurch werden die Alpen zum Alptraum.

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