Sommersaison – Frühjahr

Irgendwie spüre ich, er beobachtet mich.

Die Heimfahrt dauert nicht zu lange. Ich bin selbst überrascht. Um diese Zeit kann ich auch etwas schneller fahren. Bis auf die orangefarbenen Kästen.

In der Stadt ist noch relativ viel Verkehr. Vor allem, in Richtung Süden.

Joana erwartet mich schlafend. Sie hat mir belegte Brote gerichtet. Wir reden wie immer von der Arbeit. Ein anderes Thema gibt es aktuell nicht bei uns. Sie hat mir Telefonnummern aufgeschrieben, bei denen ich anrufen soll. Nur, wann treffe ich die? Ich müsste ja von Arbeit aus anrufen. Das ist mir schon etwas peinlich wegen der Mithörer. Vielleicht gelingt es mir vor der Tür oder auf dem Parkplatz. Im Zimmer zur Zimmerstunde könnte ich anrufen. Die Nummern nehme ich alle mit. Es sind wieder Handynummern dabei. Keine Namen. Wie soll ich mich bei Jemandem vorstellen, dessen Name ich nicht kenne? Etwas Recherche muss man auch dem Koch zu gestehen.

Arbeit bei Unbekannt. Wer zahlt mir den Lohn? Der Koch macht sich schon auch Notizen, wo ein Schrotthaufen als Küche steht und wo die Arbeit recht angenehm ist. Entscheidend ist wohl eher die Familie und der Arbeitgeber selbst.

Die Nacht geht wieder recht schnell vorüber. Ich stehe zusammen mit Joana auf. Vier Uhr. Fünf Stunden dauerte die Nachtruhe. Ohne Mittagsruhe, wäre ich schon am dritten Tag restlos übermüdet.

Beim Kaffee schaue ich schnell nach, ob ich die Nummern in der Suchmaschine finde. Und siehe da. es gibt sie. Alte Bekannte sind dabei. Bei denen muss ich nicht anrufen. Es sei denn, die haben endlich mal ihre Küche gebaut und den Dreckstall gereinigt. Mein Dreckstall ist es nicht.

Gut vorbereitet, fahre ich zum Dienst. Die Fahrt dauert knapp dreißig Minuten. Auf der Heimfahrt muss ich tanken. Bei dieser Arbeitsstelle muss ich alle fünf Tage tanken. Eigentlich wäre das erträglich. Eine Tankfüllung kostet mich zur Zeit fast dreißig Euro. Demnach benötige ich pro Monat ein Hundert und achtzig Euro. Nur für den Tank. Das fehlt uns natürlich im Kühlschrank. Zum Glück bin ich Koch. Mit etwas mehr Hunger, wird eben etwas mehr probiert. Gastronomen müssten eigentlich ein Interesse an einem hohen Einkauf haben. Sofern es sich um Lebensmittel, Getränke und Küchenausrüstung handelt. Auf erbrachte Leistungen, müssen die nur zehn Prozent Mehrwertsteuer bezahlten. Das ist eine versteckte Subvention. Ich kann nicht verstehen, warum sie gerade dort sparen möchten. Eigentlich müssen sie diese Ausgaben nur gut verteilt einsetzen.

Wie gewohnt, schleiche ich mich wieder ins Haus. Auf meiner Etage höre ich Stöhnen. Ausgerechnet aus dem Damenzimmer. Ich denke gerade an eine Schwarzübernachtung. Auf dem Zimmer geht mir der Ausspruch des Wirtes bei Frenzy von Alfred Hitchcock durch den Kopf. Der Beschäler übernachtet kostenlos.

Ich dusche und lege mich zur Restnachtruhe noch etwas hin. Mit dem Handy wecke ich auf. Das kleine Ding hilft mir schon, Gepäck zu sparen.

Aamit erwartet mich schon.

„Du bist aber zeitig hier heute.“

„Die Seniorchefin macht das Frühstück.“

„Und da musst du natürlich mit da sein?“

„Das ist immer so.“

Die Seniorchefin kommt in die Küche. Sie stellt sich mit Rosa vor. Ihren Namen kannte ich schon.

„Ich wollte ihnen mal zeigen, wie hier das Frühstück geht.“

„Ich habe es ja gestern und auch früher schon gemacht hier. Hat sich Etwas verändert?“

„Jetzt erkenne ich dich. Karl!“

Ich frage mich, wieso sie mich jetzt erst erkennt. Ich war doch erst vor Kurzem hier. Sie hat doch bei mir Mittag gegessen und ihr Frühstück abgeholt. Sie wird doch nicht etwa der Chef eines Kalksteinbruches sein?

Brille hat sie jedenfalls keine auf. Vielleicht spart sie daran. Wegen der Schönheit. Einen Rest davon, kann ich erkennen. Sie muss mal ziemlich schön gewesen sein. Jetzt zieht sie etwas das Bein nach. Mit ihrer Hüfte scheint auch Etwas nicht zu stimmen. Sie hat eine geknickte Haltung.

„Na dann; da muss ich mich auch nicht kümmern.“

Irgendwie bemerke ich eine Art innere Freude bei Aamit. Erleichterung wäre wohl der passende Ausdruck.

Aamit wohnt im Ort. Tourismus schafft nicht nur Arbeitsplätze. Er schafft auch Wohnraumnachfrage durch die Arbeiter. Und davon lebt es sich auch gut. Vielleicht sogar bequemer als vom Tourismus.

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