
Nach Fondo geht es wie immer über den Gampen. Sehr selten fahre ich über Profeis. Wochentags ist der Gampen mit dem Motorrad recht angenehm zu fahren. An Wochenenden ist das etwas komplizierter.
Kaum komme ich an der Abfahrt zur Katzenburg an, begegnet mir schon eine Motorradgruppe. Deutsche. Die Katzenburg ist ein heimlicher Treffpunkt der Motoristi. Frederica und Cherno sind hier die Chefs und Besitzer.
Kaum bin ich da, öffnet sich die Tür und Cherno kommt mir entgegen.
„Die sind schon weg.“
„Konrad auch schon?“
„Der ist noch Oben.“
„Ruf ihn mal runter.“
Kaum habe ich das gesagt, kommt er schon. Er sieht nicht besonders gut aus. Etwas verkatert.
„So kannst du sicher nicht fahren. Bei uns wird hart kontrolliert.“
„Heute mag ich nicht.“
Wir erzählen uns gegenseitig von den Neuigkeiten. Das war dann der Ausflug.
Für mich ist der Ausflug aber zu kurz. Ich entschließe mich, noch eine kleine Giro zum Molvenosee zu drehen.
Am Molveno schaue ich auf mein Telefon. Konrad hat angerufen und eine SMS geschickt.
„Morgen acht Uhr.“
Wenn er nicht wieder voll ist, könnte das funktionieren. Ich lege mir schon eine Giro zurecht. Wenn er nicht kann, fahre ich allein. Zu lange war ich nicht am Giau. Das ist mein Lieblingspass. Das Panorama wirkt auf mich wie vierzehn Tage Urlaub.
Nach der Enttäuschung besuche ich noch ein paar Freunde in ihren Restaurants.
In Ponte Arche überlege ich mir, ob ich die kurze Tour über den Toblinosee fahre. Zu lange war ich nicht bei Matteo am Garda. Das ist eigentlich eine gute Gelegenheit, ihn zu besuchen. Vielleicht ist er wieder in seinem Imbiss. In der letzten Saison hat er sich über die sehr hohe Miete beklagt. Es würde kaum Etwas übrig bleiben zum Leben. Matteo muss immerhin eine Familie versorgen. Angelika, seine Frau, geht extra noch einer Arbeit nach. Die Zwei könnten mit dem Imbiss nicht mal ihre Miete zahlen. Und das zwingt Angelika, zusätzlich zu arbeiten.
Kaum bin ich dort, bemerkt mich Matteo. Er steht hinter seinem Tresen. Vor ihm sind zwei Gäste. Wie es sich anhört, komplizierte Gäste. Es klingt wie Streit. Matteo verleiht auch Surfausrüstungen. Mir scheint, am Garda kann man nur als Multiunternehmer überleben. Das Leben dort ist für Einheimische und Saisonarbeiter viel zu teuer. Sie sind gezwungen, von Früh bis in die Nacht zu arbeiten. Sind Kinder da, müssen die Großeltern helfen. Ein trauriger Zustand. Typisch für Urlaubsregionen.
„Wie fährst du nach Hause? Sag Joana einen schönen Gruß. Bringe sie das nächste Mal mit.“
„Wir versuchen unser Bestes. Am freien Tag muss das Wetter passen. Sonst fährt Joana nicht gern mit.“
„Komm doch mit dem Auto.“
„Mit dem Auto fahren wir nicht gern in Saisonzeiten.“
„Nimm die Autobahn bis Rovereto.“
„Die Strecke fahren alle Deutschen, die an den Garda wollen.“
„Stimmt. Wir haben täglich Stau hier.“
„Über Trento und den Toblinosee ist es nicht viel anders. Dort steht Alles.“
„Ich fahre die Strecke nur mit dem Motorrad.“
„Mit deiner Duc?“
„Natürlich. Manchmal auch mit den Scooter.“
Matteo hat kein Auto. Sein Auto gehört seinen Eltern. Die fahren nur nach der Saison damit. In der Saison rühren sie sich kaum aus dem Haus.
Matteos Eltern haben ein sehr kleines, bescheidenes Haus mit einem winzigen Garten. Einen Teil ihres Gartens mussten sie an die Gemeinde verkaufen. Das Tourismusbüro befindet sich jetzt dort. Natürlich auch mit ein paar Parkmöglichkeiten. Die hätten Matteos Eltern gern selbst kassiert. Als Rente, so zusagen. Die Gemeinde war mächtiger.
Trotzdem hat Matteo, Recht. Ich fahre über Rovereto zurück. Über die Autobahn. Zum Glück habe ich Telepass. Auch für das Motorrad. Das ist günstiger als für Autos.
Die Heimreise dauert nicht lange. In einer Stunde bin ich zu Hause. Joana wartet schon auf mich. Matteo hat mir etwas zu Essen mit gegeben.
„Morgen habe ich frei.“
„Du hattest doch erst Frei.“
„Das ist schon ein Teil meines Urlaubes. Wir haben wenig Gäste.“
In Dankbarkeit für den Dienst, bekommt meine Joana doch tatsächlich frei zu ihren Lasten. Der Urlaub zwischen den Saisons, wird damit kostenfrei für den Unternehmer. Schöne Wirtschaft. Wir müssen schließlich sparen für sein neues Haus, das er seinem vierten Kind von der dritten Frau kauft.